-----------------The
Mediaeval Castle-----------------
Die Abenteuer zweier Ritterknaben
Teil 1 - allgemein
* Teil 2 - speziell
Die ersten PRINZ-EISENHERZ - (Prince-Valiant-) Veröffentlichungen
in amerikanischen Wochenendzeitungen erschienen in einem Format von ca.
23 x 34 cm. Es fällt auf, dass diese "Seiten" auch in so genannte
"Tagesstreifen" aufgeteilt werden konnten und das Layout somit die Möglichkeit
bot, von den Wochen- bzw. Sonntagsveröffentlichungen auf tägliche
und/oder kürzere Folgen zu wechseln. Es ist anzunehmen, dass sich
Vertriebsagenturen für Comics beim Start einer Serie derartige Wege
offen hielten, um je nach Erfolg entsprechend reagieren zu können.
Bei PRINZ EISENHERZ ist es sogar wahrscheinlich, dass die ersten Folgen
die Probeseiten Hal Fosters für King Features waren, nach denen sie
ihre Entscheidung über die Veröffentlichungsweise fällten.
Denn erst von der Folge 12 an, als Foster das auch künstlerisch beengende
Format von jeweils vier "Streifen" durchbrach, setzte eine Gesamtpaginierung
ein. Von dieser Folge an wählte Foster z.B. für die Höhepunkte
einer Seite immer öfter größere Einzelbildformate. Hierdurch
und teilweise durch freie und wechselnde Aufteilung konnte er sein großes
Zeichentalent voll zur Entfaltung bringen. Eine Verwendung als Tagesstreifen
war danach ohne Schwierigkeiten nicht mehr gegeben.
Eine derartig großformatige Serie wie PRINZ EISENHERZ mindert
zwangsläufig die Vielfalt der Comic-Beilagen in den Zeitungen. Zudem
waren sie entsprechend teuer für die Verlage wie lukrativ für
die Autoren. Um sich selbst die Vertriebsmöglichkeiten nicht zu beschneiden,
gingen die Zeichner dazu über, zu ihren Haupt-Serien so genannte Zusatzserien
zu schaffen. So zeichnete Alex Raymond zu "Flash Gordon" die Serie "Jungle
Jim". Dabei ist allerdings zu Bedenken, dass viele Zeichner, im Gegensatz
zu Foster, nach Fremdtexten arbeiteten, bei ihnen also weniger die Gefahr
bestand, "den Faden zu verlieren".
Hal Foster konzentrierte sich ganz auf PRINZ EISENHERZ und konnte diese
Serie somit außergewöhnlich sorgfältig vorbereiten und
gestalten. Hierdurch ist wohl auch hauptsächlich ihr bis heute andauernder
Erfolg zu erklären. Erst infolge eines staatlichen Eingriffs musste
Foster seine Arbeitsweise umstellen, doch blieb er dabei seinen Prinzipien
zur Sorgfalt treu.
Durch die vor allem durch den Zweiten Weltkrieg verursachte Papierknappheit
erließ die Regierung der Vereinigten Staaten im Februar 1943 eine
bis zum 21. Dezember 1945 geltende Verordnung, nach der den Zeitungsverlagen
nur noch die Papiermenge zugeteilt wurde, die dem Verbrauch des Jahres
1941 entsprach. Auch Verlagskonzerne mit eigenen Papiermühlen blieben
davon nicht ausgeschlossen. Radikale Umfangsreduzierungen waren deshalb
erforderlich, denn die bis 1943 erreichten Auflagenhöhen mussten schon
aus Konkurrenzgründen gehalten werden.
Es war zu der Zeit kaum möglich, den Nachrichtenteil der Zeitungen
einzuschränken, denn bereits seit dem 11. Dezember 1941 befanden sich
die Vereinigten Staaten auch im Krieg gegen Deutschland. Da man aus finanziellen
Gründen ebenfalls den Umfang des Anzeigenteils kaum verringern konnte,
blieb für die unumgänglichen Kürzungen zwangsläufig
nur das Feuilleton und der Unterhaltungsteil übrig.
In den Tageszeitungen ließen sich hierzu Romane und Comic-Serien
- relativ problemlos die jeweils abgeschlossenen "Funnies" - einsparen.
In den "Sunday Supplements", den absatzfördernden Sonntagsbeilagen
waren vor allem die großen Tableaus mit den z.T. ganzseitigen Storys
gefährdet. Denn schließlich war man auch bei reduziertem Umfang
bestrebt, möglichst abwechslungsreich zu bleiben. Die größten,
jeweils abgeschlossenen Geschichten (wie z.B. "Blondie") ließen sich
nicht kürzen, bestenfalls verkleinern. Bei den Fortsetzungsreihen
wie PRINZ EISENHERZ, wollte man nicht ganz auf sie verzichten, konnte man
Teile, wenn notwendig, auf die nächste Ausgabe verschieben.
Diese externe Reduzierung und damit verbunden Veränderung der
kontinuierlichen Publizierung wollte Hal Foster für PRINZ EISENHERZ
vermeiden und griff eventuellen Maßnahmen dieser Art vor. Foster
beschränkte dazu die wöchentlichen Fortsetzungen von PRINZ EISENHERZ
auf zwei Drittel der ursprünglichen Größe, lieferte aber
gleichzeitig für den gewonnenen Platz einen zusätzlichen Streifen
"The Mediaevel Castle". Doch es dauerte über ein Jahr, bis nach Inkrafttreten
der Papierzuteilungsverordnung Fosters erste kürzere PRINZ-EISENHERZ-Folge
mit dem Zusatzstrip erscheinen konnte. Die lange Vorbereitungszeit ließ
ein sofortiges Reagieren nicht zu. Somit erschien "The Mediaeval Castle"
erst am 23. April 1944 mit der Folge Nr. 376 (Melzer-Ausgabe Band 5, Seite
376).
Die staatliche Anordnung blieb bis zum 21. Dezember 1945 bestehen,
doch schon etwas eher beendete Foster - eigentlich ohne einen richtigen
Schluss - seine Nebenserie. Am 25. November 1945, zusammen mit der Folge
459 von PRINZ EISENHERZ (Melzer-Ausgabe Band 5, Seite 432), erschien der
letzte Streifen.
Teil 1 - allgemein
* Teil 2 - speziell
Nach eigenen Angaben plante Hal Foster zuerst einen Bildroman über
die Zeit der Kreuzzüge. Doch er ließ davon ab, weil ihm das
Thema zu begrenzt erschien, und wählte für PRINZ EISENHERZ stattdessen
eine Zeit, die nicht nur thematisch weniger eingeschränkt war, sondern
die auch durch fehlende Geschichtsschreibung im Dunkeln lag und so der
Phantasie größeren Spielraum gab: die Zeit nach dem Zerfall
des Römischen Reiches von 300 bis um ca. 1000 n. Chr. Vereinzelt liebäugelte
Foster jedoch auch bei PRINZ EISENHERZ mit späteren Zeiten und verlegte
die Ritterzeit um einige Jahrhunderte zurück. "Hätte ich König
Arthur und Prinz Eisenherz im Stil Ihrer Zeit eingekleidet, sie müssten
römische Kleidung und Bärenfelle tragen. Denn die arthurische
Aristokratie war römischen Ursprungs, und die Legenden wurden ohne
schriftliche Grundlage mit normannischem und nicht römischem Einfluss
niedergeschrieben", erläuterte Foster dazu.
In seinem Zusatzstrip "The Mediaeval Castle" konnte Foster nun ganz
direkt die hohe Zeit des ritterlichen Mittelalters ohne Anachronismen schildern.
Und er legte die Handlungszeit sogar präzise fest: 1096 bis 1099 n.
Chr., während des ersten Kreuzzugs. Schauplatz der Handlung ist Süd-England.
Hal Foster setzte hier deutlich seine durch intensives Studium erworbenen
Kenntnisse in Information um. Mit einer eher zaghaft gesponnenen Handlung
unterweist Foster den Leser in Lebensart und Verhältnisse dieser Zeit.
Der Originaltitel bezog auch keinen Helden, sondern ein mittelalterliches
Schloss ein. Er vermittelt dabei auf nahezu jedem Bild eine Fülle
von historischen Fakten. Seine Darstellungskunst ermöglicht einen
fast fotografischen Einblick in diese Zeit. Hier zeigt sich zweifellos
ein didaktisches Bemühen des Künstlers, das in seiner Anschaulichkeit
wohl nur schwer zu übertreffen ist. Für Foster war also dieser
Nebenstreifen keine Aufgabe, der er sich mit leichter Hand entledigte.
Sie fungierte daher sogar als eine Art "Ergänzungsteil" zu PRINZ EISENHERZ.
Für Foster-Fans dürfte "The Mediaevel Castle" auch noch aus
einem anderen Grund interessant sein. Denn die Serie bietet einen kleinen
Einblick in die "Werkstatt des Künstlers". Viele Personen und Szenen
der Geschichte sind in PRINZ EISENHERZ wieder zu finden und können
als Vorarbeiten für Fosters Hauptwerk angesehen werden. In dem Ritterknahen
Arne (im Originaltext "Arn") haben wir dabei allerdings nicht den Sohn
von Prinz Eisenherz zu vermuten, sondern Eisenherz selbst: es war der von
Foster gewünschte Name für seinen Helden, den die Agentur King
Features in Prince Valiant ("Tapfer") umtaufte.
Es ist sicherlich nicht übertriehen, wenn man "The Mediaeval Castle"
als ein kleines Meisterwerk des 1982 verstorbenen Künstlers Hal Foster
(geboren 1892) bezeichnet. Es erweist sich fast 40 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung
noch als genau so frisch und lebendig wie damals. In dieser Zeitlosigkeit,
wie auch in der von PRINZ EISENHERZ, zeigt sich am augenscheinlichsten
der literarische und künstlerische Wert des Werkes von Hal Foster.
Eine Feststellung, die man in dieser Weise wohl nur zu ganz wenigen Werken
der Unterhaltungsliteratur machen kann.
Wie schon bei PRINZ EISENHERZ zeigt Foster in den "Abenteuern zweier
Ritterknahen" deutlich, dass er auch sozialen Fragen und Missständen
in dem geschilderten Zeitraum nicht ausweicht. Im Gegensatz zu Eiferern,
die historische Fakten mit modisch-politischen Wertungen versehen, versteht
sich Foster als nüchterner Historiker. So zeigt er z.B. - und dabei
werden die Bezüge viel eindringlicher bloßgestellt, als mit
rüden Anprangerungen - den damaligen Klerus historisch korrekt auch
als Finanzier von Mord und Totschlag, der beide kriegsführenden Seiten
mit Geld unterstützt und dann als Kriegsgewinnler der lachende Dritte
ist. Und man muss es Foster hoch anrechnen, wenn sich aus seinem für
die Unterhaltung bestimmten Streifen Worte zitieren lassen wie "Die Jäger
besteigen die Pferde, um den Rückzug anzutreten - für sie war
es Sport. Die Diener gehen zu Fuß und tragen das erlegte Wild - für
sie ist es harte Arbeit" oder "Die edlen Ritter haben heldenhaft gekämpft,
mancher kam nicht mehr zurück - doch die größten Opfer
und meisten Verluste hatte das einfache Fußvolk zu tragen."
Im Bereich der Unterhaltungsliteratur und vor allem im Comic-Bereich,
bei dem modische und somit kommerzielle Aspekte am deutlichsten sichtbar
werden, wo im Tagesverbrauch die Abnutzungseffekte innerhalb kürzester
Zeit sichtbar werden, erweist sich Fosters zeitloses Werk nicht allein
hierdurch als die große Ausnahme. Seine "Abenteuer zweier Ritterknaben"
sind ein wichtiger Teil davon.
Gerhard Klußmeier 1981 in: PRINZ EISENHERZ
- Band 11, Seite 989 bis 991, Abi Melzer Productions GmbH, Dreieich 1982